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Im Wortlaut

Hirtenwort von Bischof Gregor Maria Hanke OSB zur Österlichen Bußzeit am 2. Fastensonntag, dem 8. März 2009

Liebe Schwestern und Brüder im Glauben!

Pilgerwege haben steigende Konjunktur, wie kürzlich eine Nachrichtenagentur verlauten ließ mit der Meldung: „Ungebrochener Boom auf dem Jakobsweg… Deutsche auf Rang zwei der Pilger-Hitliste.“ Und im derzeitigen vom Heiligen Vater ausgerufenen Paulusjahr sind auch Pauluswege gefragt.

Doch das Motto "auf den Spuren des hl. Paulus" verlangt nicht zwingend eine Pilgerreise oder Fußwallfahrt zu seinen Wirkungsstätten. Nahezu unerschöpflich sind die Spuren des Apostels Paulus vor allem in seinen Briefen, aber auch in der Apostelgeschichte. Für Paulus gilt dabei nicht die Floskel „der Weg ist das Ziel“. Nein, er hat das Ziel sicher vor Augen: „Ich strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung, die Gott uns in Jesus Christus schenkt.“ (Phil 3, 13-14)

Daher ermuntere ich Sie gerade auch auf dem Weg der Österlichen Bußzeit zu einer geistigen Pilgerreise auf den Spuren des hl. Paulus. Das können z.B. eine regelmäßige persönliche Schriftlesung sein, Bibelgespräche in Gruppen, Exerzitien im Alltag und die Gottesdienste in Ihrer Pfarrei. Dabei geht es nicht um eine nostalgische Reise in die Vergangenheit, sondern wie es der Heilige Vater einladend formulierte: „Paulus will mit uns reden – heute.“

Bekehrung: Sein Herz der Liebe des Auferstandenen öffnen

Paulus war schon vor seiner Bekehrung ein tief gläubiger Mensch. Er lebte und wirkte als ein "Eiferer für Gott“ (Apg 22,3), der Gott liebte und ihm sein Herz öffnete. Im Grunde ein Vorbild im Glauben für uns, - bis auf die Tatsache, dass er in diesem Eifer für seine Glaubensüberzeugung "maßlos die Kirche Gottes verfolgte und zu vernichten suchte" (Gal 1,13).

Auf seinem Weg nach Damaskus widerfährt diesem gewalttätigen Eiferer kein göttliches Strafgericht wegen seiner Untaten, wie es sich vielleicht manche Christen wünschten. Nein, es geschieht das, was wir „Bekehrung“ nennen: Saulus, dessen gläubiges Herz offen war für Gott, wird von der Liebe des Auferstandenen radikal getroffen und verwandelt. In diesem österlichen Licht findet Paulus zu seinem Glaubensbekenntnis: „Ich lebe im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt und sich für mich hingegeben hat.“ (Gal 2,20)

Für Paulus ist Glaube Liebe zu Jesus Christus. Paulus lebt diesen Glauben und bezeugt daraus als Glaubensgewissheit: "...weder Gewalten der Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn." (Röm 8, 38-39).

Die Frage: "Was kann uns scheiden von der Liebe Christi?" (Röm 8,35), ist für Paulus durch die Liebe Gottes absolut entkräftet und endgültig beantwortet.

Liebe Schwestern und Brüder, für uns kann diese Frage auch zur kritischen Anfrage werden: "Was kann uns scheiden von der Liebe Christi?" Sie dient der Gewissenserforschung, wenn wir uns persönlich weiterfragen: "Wo in meinem Alltag und wodurch verschließe ich mich dieser Liebe Christi?" Die Gewissenserforschung bahnt Bekehrung und Versöhnung mit Gott an, in tiefster Weise im Bußsakrament. Dadurch öffnen wir unser Herz der Liebe des Auferstandenen.

Die Beziehung zu Christus – Begeisterung für Christus

Die Person und Gestalt Christi erwies sich für den überzeugten Pharisäer Saulus nicht einfach nur als Weichenstellung hin zum gläubigen Christen. Glaube ist für Paulus eine Herzensangelegenheit. Sein ganzes Leben zeugt von der innig gelebten Beziehung zu Christus. Bildlich ausgedrückt ist Christus uns so „hautnah“ wie die eigene Kleidung: „Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt.“ (Gal 3, 27)  Das heißt aber auch: An mir ist damit öffentlich erkenntlich, dass ich ein Christ bin. Ich bin Zeuge für Christus durch mein Leben.

Öffentlich als Zeuge für Christus aufzutreten, das fällt vielen heute wie damals schwer. Manche schämen sich sogar, dies zu tun, und verstecken ihren Glauben. All diese unter uns ermutigt der Apostel Paulus: „Schäme dich nicht, dich zu unserem Herrn zu bekennen. Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit.“ (2 Tim 1, 8.7)

Liebe Schwestern und Brüder, schenken Sie den Worten des Apostels Gehör und beten Sie um diesen Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit, der den Geist der Verzagtheit überwindet.

Und ich lade Sie ein: Wählen Sie sich einen Bereich Ihres Lebens, in dem Sie das „Zeuge für Christus sein“ neu bzw. zusätzlich einüben möchten.

Nehmen Sie sich in den kommenden Wochen immer wieder Zeit für eine geistige Pilgerreise auf den Spuren des Apostel Paulus. Sei es ganz persönlich oder in Glaubensgesprächen in der Pfarrei. So können Biotope des Glaubens entstehen, in denen der Glaube wachsen kann.

Liebe Schwestern und Brüder, unterstützen und begleiten Sie durch Ihr Gebet besonders auch die Kinder in Ihrer Pfarrei, die sich auf die Erstkommunion vorbereiten, sowie die Jugendlichen und Erwachsenen, die sich auf den Empfang des Firmsakramentes vorbereiten. Seien Sie ihnen ein gutes Vorbild im Glaubensleben und ermutigende Wegbegleiter, dass sie auch weiterhin Christus und seiner Kirche treu bleiben.

Auf diesem Weg der Österlichen Bußzeit segne Euch, liebe Kinder und Jugendliche, alle Erwachsenen und besonders die Kranken der barmherzige Gott: der +Vater und der +Sohn und der +Heilige Geist.

 

Eichstätt, dem 2. März 2009

Ihr             

Gregor Maria Hanke OSB
Bischof von Eichstätt