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18.12.2017

Zweisprachigkeit: Fünf Ingolstädter Kindergärten beteiligen sich an Forschungsprojekt

Foto: Fünf Kindergärten der Kita Ingolstadt gGmbH beteiligten sich am Miki-Projekt der Katholischen Universität Eichstätt: St. Josef Ingolstadt  mit Leiterin Petra Haunschild, St. Monika mit Leiterin Linda Schröfelbauer, St. Anna mit Leiterin Korneli

Foto: Fünf Kindergärten der Kita Ingolstadt gGmbH beteiligten sich am Miki-Projekt der Katholischen Universität Eichstätt: St. Josef Ingolstadt mit Leiterin Petra Haunschild, St. Monika mit Leiterin Linda Schröfelbauer, St. Anna mit Leiterin Kornelia Wachsmuth, Stanggassinger-Kindergarten mit Leiterin Klara Kun und St. Pius Herschelstraße mit Leiterin Marianne Grafenberger (nicht im Bild) sowie Geschäftsführer Markus Schweizer. Foto: Markus Schweizer

Eichstätt/Ingolstadt – „Mehrsprachigkeit in den Gruppen ist ein Phänomen, das uns in unserem Kindergarten schon lange beschäftigt“, sagt Marianne Grafendorfer vom Kindergarten St. Pius in der Herschelstraße. In dem Ingolstädter Stadtviertel St. Pius leben viele Nationen und das spiegelt sich auch im Kindergartenalltag wieder: russisch, türkisch, italienisch, chinesisch, spanisch – in den Gruppen herrscht Sprachenvielfalt. „Die vielen unterschiedlichen Muttersprachen sind für unsere Erzieherinnen und Erzieher eine große Herausforderung, aber auch eine große Chance“, sagt Markus Schweizer Geschäftsführer der Katholischen Kindertageseinrichtungen Ingolstadt (Kita) gGmbH. „Zweisprachigkeit ist ein hoher Wert und – auch wenn es schwierig ist – müssen wir Wege finden, diesen Wert im Kindergartenalltag stärker zu verankern.“ 

Dreijähriges Projekt „Miki“

Aus diesem Grund beteiligten sich fünf Kindertageseinrichtungen der Kita Ingolstadt gGmbH an dem Forschungsprojekt „Miki – Mehrsprachigkeit in Kindertageseinrichtungen“, das Professor Dr. Jens Kratzmann von der Katholischen Universität Eichstätt gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule Heidelberg in verschiedenen Kindertageseinrichtungen in Bayern und Baden-Württemberg durchgeführt hat. Jeweils rund fünf bis zehn russische bzw. türkische Familien aus den Kindergärten St. Pius-Herschelstraße, St. Josef-Ingolstadt, St. Monika, St. Anna und Stanggassinger beteiligten sich an dem interdisziplinären Projekt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung über einen Untersuchungszeitraum von drei Jahren finanziert worden ist. Gerade diese lange Dauer empfand Kindergartenleiterin Grafendorfer als positiv. „So konnten wir beobachten, wie sich ein mehrsprachiges Kind in den drei Jahren seiner Kindergartenzeit sprachlich entwickelte.“ 

Große Offenheit

„Das Projekt war im Kindergartenalltag sehr präsent“, reflektiert Marianne Grafendorfer. Denn es benötigte eine große Offenheit von allen Seiten: von den Erzieherinnen ebenso wie von den Eltern, die ihr Kind für das Projekt angemeldet hatten. Immer wieder kamen Projektmitarbeiter, die die Sprachsituation im Kindergartenalltag oder die Kinder in Einzelstudien beobachteten. Auch die Eltern mussten Fragebögen ausfüllen, in dem sie viel über ihr Familienleben erzählten. Für das Kita-Team sei das nicht immer leicht gewesen, „so unter Beobachtung zu stehen“, bestätigt die Kindergartenleiterin Stefanie Binder von St. Monika. Doch rückblickend erkenne man, wie viel es gebracht habe. Gerade die Fortbildungen des Miki-Projekt hätten viel zur Reflexion des eigenen Verhaltens beigetragen. Die Experten der Universität gaben Tipps, wie man mit den Kindern sprechen sollte, welche Bücher für das Sprachenlernen im Vorschulalter geeignet sind und wie die Räume mehrsprachig gestaltet werden könnten, erläutern die Kindergartenleiterinnen den Prozess. „Wir müssen versuchen, den Wert der Mehrsprachigkeit stärker in den Kindergartenalltag einzubauen, zum Beispiel, indem wir anderssprachige Bilderbücher vorhalten oder Kindern in der Gruppe ihre Erlebnisse in der Muttersprache erzählen lassen“, meint Geschäftsführer Schweizer. Deshalb seien für Kindergartenteam die theoretischen Aspekte der Sprachentwicklung, die ihnen durch Fortbildungen im Rahmen des Projekts vermittelt wurden, sehr wichtig gewesen. „Vieles ist uns durch das Miki-Projekt bewusster geworden“, bestätigen die Pädagoginnen.

Sprache schafft Vertrauen

Denn: im Kindergarten erleben die Erzieherinnen und Erzieher die Mehrsprachigkeit von Kindern oft als Problem. Häufig kommunizieren Eltern mit ihren Babys und Kleinkindern ausschließlich in der Muttersprache, obwohl sie selbst das Deutsche beherrschen. „So werden die Kinder bis zu ihrem dritten Lebensjahr oft einsprachig erzogen“, erklärt Grafendorfer. Die Kleinen kommen erst im Kindergarten, manchmal erst mit fünf Jahren, mit der deutschen Sprache in Kontakt und haben dann erhebliche Schwierigkeiten. „Für diese Kinder ist es wie ein Kulturschock, plötzlich unter Menschen zu sein, deren Sprache sie nicht verstehen und von denen sie nicht verstanden werden“, berichtet Grafendorfer von der schwierigen Eingewöhnungszeit dieser Kinder. „Tröstungen kommen dann nicht an.“

Zweisprachig aufwachsen

„Deshalb ist es wichtig, dass die Kinder von fremdsprachigen Eltern so früh wie möglich in eine Kindertageseinrichtung gehen“, plädiert Erzieherin Marianne Grafendorfer, „dann lernen sie das Deutsche ganz natürlich in der Kita und die Eltern können zuhause die Muttersprache weiter pflegen.“ Viele teilnehmende Eltern, so auch die Mutter eines Dreijährigen, der ohne jegliche deutsche Sprachkenntnisse in den Kindergarten kam, haben von den Erkenntnissen der Studie profitiert. „Beim zweiten hat sie es anders gemacht und schon in der Familie mit der Zweisprachigkeit begonnen“, erzählt Grafendorfer. Das sei grundlegend, um dem Kind das Ankommen in der neuen Umgebung, aber auch in der deutschen Gesellschaft zu erleichtern: „weil Sprache die Basis von allem ist“. 

Quelle: Katholische Kindertageseinrichtungen Ingolstadt gGmbH

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