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20.08.2014

Zupacken statt Zuschauen - Engagement im Seniorenheim

Eichstätt. (pde) – Christa Strobel guckt nicht. Sie macht. Greift nach einem Schwung Tassen, Kanne auf, der Kaffee plätschert hinein. Stellt sie auf den Tisch, tack tack tack, die Teller dazu, ein Stück Gebäck für jeden und ein Schokoriegel. „Na, wie geht es Ihnen heute?“ „Ist der Pullover nicht ein bisschen zu warm?“ „Schmeckt’s Ihnen?“

Im ersten Stock des Caritas-Seniorenheims St. Elisabeth in Eichstätt ist gerade Zeit für den Nachmittagskaffee. Einmal pro Woche ist Strobel dabei. Die 72-Jährige packt seit 22 Jahren ehrenamtlich mit an, wo sie kann. „Ich mag die alten Leute einfach richtig gern“, sagt sie.
Strobel weiß, wo sie hingreifen muss. Zack, die Rollstuhlbremse ist drin. Das Taschentuch zur Stelle. Der Saftfleck aufgewischt. Trotzdem – oder gerade deswegen – hat sie einen Blick für das Wesentliche: Sie knöpft einen offenen Blusenknopf zu, streicht einer Frau über die Hand, macht einer anderen ein Kompliment.

Heute will sie mit den Bewohnern aber nicht nur Kaffeetrinken – regelmäßig bietet sie zusammen mit Willi Eder am Akkordeon eine Singstunde an. „Heute scheint die Sonne so schön, gehen wir auf die Terrasse?“ Manchmal kommt eine Rückmeldung, manchmal nicht. Eine Frau lächelt.

In den Aufzug passen vier Rollstühle, zwei Mal muss Strobel fahren, dann hat sie die Frauen aus dem ersten Stock herunter gebracht. Die Runde wird immer größer – auch aus den anderen Bereichen des Heims kommen Frauen und Männer. Zum Schluss sind fast 20 da. Die Sonne heizt den Rasen hinter der Terrasse auf, der Springbrunnen sprudelt, zwei Meisen zanken sich neben den Geranien. Eine Frau, das Gesicht voller Falten, die Arme in den Schoß gelegt, blinzelt ins Licht. Eine andere lacht. „Wie schön“, sagt sie, „wie schön, dass Sie heute da sind.“

Das ist einer der Gründe, warum Strobel sich schon lange ehrenamtlich für ältere Menschen engagiert. „Es kommt so viel zurück, bei jeder kleinen Geste.“ Ihre Mutter starb früh, Strobel will den Senioren etwas zurückgeben. Besonders für die, die wenig Besuch kriegen, ist ihr Kommen wichtig. Sie versucht, den Menschen immer zuzuhören – auch wenn manche geistig nicht mehr so fit sind. „Natürlich sagt mal jemand was falsches, das nehme ich einfach hin. Es tut ja nicht weh.“

 

Auf der Terrasse verteilt Strobel die Liederhefte. Noten gibt es darin nicht – nur die Texte zu den Strophen. Das Wandern ist des Müllers Lust, die Gedanken sind frei, hoch auf dem gelben Wagen. Da kennen alle die Melodien. Das Akkordeon gibt den Takt vor, Strobel stimmt die erste Strophe mit kräftiger Stimme an. Sie geht beim Singen die ganze Runde ab, verweilt bei manchen, blättert auf die richtige Liedseite, streicht über die Schulter. „Für viele sind Berührungen ganz wichtig.“ Zwischen die Lieder streut Strobel Texte ein. Sie liest aus einem Buch mit Mundartgedichten. „Der Dialekt gehört schließlich zu uns – die wenigsten reden wirklich hochdeutsch“, sagt sie. Eine Anekdote aus dem vergangenen Gottesdienst, ein zweideutiger Witz. Einige schmunzeln.

Natürlich gibt es auch schwierige Momente. Wenn Menschen sehr krank werden oder sterben, geht das Strobel nahe. „Besonders am Anfang hat mich das sehr mitgenommen.“ Aber auch heute noch beschäftigt es sie, vor allem, wenn sie die Betroffenen schon lange kennt. Gerade diese Bindung ist ihr aber auch wichtig: „Die Menschen brauchen Bezugspersonen – und auch ich brauche den persönlichen Bezug.“ Deswegen ist sie vor allem im ersten Stock des Seniorenheims unterwegs und nicht in unterschiedlichen Bereichen. „Es erfüllt mich nicht, wenn ich nicht mal den Namen von den Menschen kenne.“

Nach einer Stunde bringt Strobel die Senioren wieder zurück, schiebt jeden Rollstuhl in den Aufzug. Als sie eine Frau an den Tisch im Aufenthaltsraum bringt, fasst diese sie am Arm. „Schön war’s“, sagt die Frau und lächelt. „Sie dürfen wieder kommen!“

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