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04.05.2016

Sterbebegleitung und ethische Konflikte: 80 Caritas-Mitarbeitende bei Tagung Palliative Care im Tagungshaus Schloss Hirschberg

Palliativ-Tagung

Rund 80 Caritas-Mitarbeitende setzten sich bei der Tagung mit Sterbebegleitung und ethischen Konflikten auseinander. Pde-Foto: Peter Esser, Caritas

Eichstätt/Beilngries. (pde) - Unter dem Motto „Das Sterben gehört zum Leben – nicht zum Tod“ haben sich rund 80 Leitungspersonen und Fachkräfte aus Seniorenheimen und Sozialstationen der Caritas im Bistum Eichstätt im Tagungshaus Schloss Hirschberg mit ihrer Arbeit für schwerstkranke und sterbende Menschen auseinandergesetzt. Dabei ging es vor allem um Auswirkungen des neuen Gesetzes zur Verbesserung der Hospiz und Palliativversorgung, um ein eigenes fast abgeschlossenes Caritas-Projekt „Palliative Care“, ethische Konflikte im Pflegealltag und den Umgang mit eigenen Schuldgefühlen in der Pflege.

Vom neuen Gesetz mehr erwartet

Eva-Maria Schork, Referentin für Altenhilfe beim Diözesan-Caritasverband, machte keinen Hehl daraus, dass sie sich von dem neuen Gesetz mehr gewünscht hatte. Durch dieses würden zwar Hospize stark gefördert, jedoch nicht palliative Dienste in stationären und ambulanten Pflegeeinrichtungen durch die Pflegesätze refinanziert. Unverständlich sei dies vor allem deshalb, weil laut der Bertelsmann Stiftung nur drei Prozent der Menschen in Deutschland in Hospizen sterben, über 30 Prozent aber in Pflegeheimen und 20 Prozent zu Hause.  Zwar sei es künftig möglich, in geringem Umfang von Krankenkassen finanzierte Stellen in Pflegeheimen einzurichten, um in der Arbeit mit schwerstkranken und sterbenden Menschen ethische Fallbesprechungen, Angehörigengespräche und Netzwerkarbeit zu fördern. Ein eigenes aus Caritas-Sammlungsmitteln finanziertes Projekt in den 20 Caritas-Seniorenheimen von Ende 2014 bis Anfang 2016 habe jedoch gezeigt, dass diese Tätigkeiten nicht die hauptsächliche Palliativarbeit darstellen. „Vielmehr sind 60 Prozent der Hilfen in insgesamt über 7.100 Stunden hier direkt am Menschen, also zum Großteil durch Beistand Sterbender am Bett, erbracht worden. Dafür stehen jedoch keine öffentlichen Mittel zur Verfügung“, informierte und bedauerte Schork zugleich.

Dennoch warb sie dafür, dass Caritaseinrichtungen die Möglichkeiten, welche das neue Gesetz bietet, sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich bestmöglich nutzen. Die Referentin teilte zudem mit, dass seit 2013 fast 340 Pflegende aus Caritaseinrichtungen im Bistum an Aufbautagen in palliativer Geriatrie sowie über 280 an mehreren Aufbautagen zu dieser Problematik teilgenommen haben. Die Beteiligten beschäftigten sich bei dieser Fortbildung mit verschiedensten Problematiken am Ende des Lebens von Heimbewohnern und Patienten – von der Flüssigkeitsabgabe über Ernährungssonden bis zu ethischen Konflikten.

Mit solchen Konflikten in ihrer Arbeit setzten sich mehrere Caritas-Mitarbeitende auch in einem Workshop bei der Tagung im Schloss Hirschberg auseinander, der von Hedwig Kenkel, Abteilungsleiterin für die Caritas-Altenhilfe im Bistum Eichstätt, moderiert wurde. Ergebnis war laut Kenkel, dass es hierbei nicht nur um Konflikte geht, die mit dem Sterbeprozess zusammenhängen. „Sie entstehen beispielsweise bei demenzkranken Menschen durch herausforderndes Verhalten gegenüber Pflegenden, aber auch nach Stürzen oder Androhung eines Suizids“, so die Caritasverantwortliche. Die meisten Konflikte entstünden im Umgang mit Angehörigen: „Es kommt zum Beispiel zu Schuldzuweisungen, wenn diese wollen, dass der Bewohner noch mobilisiert wird, die Pflegenden das aber nicht mehr für möglich halten.“ Hedwig Kenkel warb dafür, bei Konfliktsituationen nicht nur auf das von vielen als sehr anspruchsvoll empfundene Instrumentarium der ethischen Fallbesprechung zu setzen, zu dem auch Experten von Ärzten bis zu Seelsorgern herangezogen werden können. Es sollten vielmehr vor allem auch niedrigschwellige Gesprächssituationen gesucht werden, etwa bei Übergaben oder Teambesprechungen.

Bei Schuldgefühlen Dialog suchen

Unter anderem solche Gesprächssituationen bezeichnete die mit dem Caritasverband zusammenarbeitende Trainerin für Palliative Care, Petra Mayer, auch als sinnvoll, um Schuldgefühle von Pflegenden aufzuarbeiten. Bei einem von ihr geleiteten Workshop zeigte sich, dass auch Mitarbeitende in den Caritaseinrichtungen hiervon betroffen sind: „Schuldgefühle erlebe ich schon, aber ich äußere sie nicht“, bekannte eine Teilnehmerin. Petra Mayer informierte, dass Pflegende immer wieder subjektive Schuldgefühle hätten. Sie nannte das Beispiel eines Pflegers, der einer Patientin nach Rücksprache mit der Ärztin das Schmerzmittel Morphin verabreichte, woraufhin diese sich zunächst deutlich entspannte, aber wenige Minuten später starb. Daraufhin quälten den Pfleger Schuldgefühle, dass er das Sterben beschleunigt habe. In solchen Situationen sei der Dialog mit Kollegen und Vorgesetzten wichtig, erklärte Petra Mayer. In diesem Fall habe der Pfleger seine innerseelische Schuld durch seinen religiösen Glauben bewältigen können. Durch einen „Dialog mit Gott in mir mit seiner Barmherzigkeit“ habe er die meiste Entlastung gespürt, das Geschehene annehmen können und für sich erkannt, dass er keine reale Schuld in sich trägt, berichtete die Trainerin. Die Tagung schloss mit einer Andacht mit Caritasdirektor Franz Mattes ab, der den Teilnehmenden den Segen gab, um weiterhin Sterbenden gut zur Seite stehen zu können.

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